Phänomen Uniform(ierung)

    I.

    Das lateinische Wort „Uniform” bedeutet gleichförmig, einförmig. Die Uniform ist danach die einheitliche Kleidung, das Gleichförmige.

    Allgemein versteht man darunter Kleidungsstücke der Armeen, Milizen oder vergleichbarer Einheiten wie den historischen Schützengilden, den Feuerwehren oder der Polizei. Heute wird die Uniform als eine für bestimmte Organisationen zur Kenntlichmachung im Dienst vorgeschriebene (reglementierte) Einheitskleidung definiert.

    Uniformen haben bis heute einen gewissen Stellenwert behalten, z.B. in der Vereinsgestaltung und -darstellung. Sie konnten und können im gleichen Maße abschrecken und begeistern, Vertrautheit schaffen oder das „Zivile” ausgrenzen. Manche Uniformträger fühlen sich imposant und insoweit stark und erfolgreich. Die Uniform kann Ehrenkleid, Erkennungszeichen oder Funktionsgewand sein und Putzsucht und Geltung befriedigen.

    Die Uniform kann aber auch zu vermeintlicher Stärke und Überschätzung verführen, verheerende Wirkung im wahrsten Sinne desWortes haben und Angst und Entsetzen auslösen. Solche einschüchternden Wirkungen waren in vielen Fällen beabsichtigt, zumindest, wenn Totenköpfe Zierrat wurden. So noch als betont abschreckende Stärke beim preuß. Husarenregiment Nr. 5 Mitte des 18. Jhdt. und bei den Braunschweiger Husaren ab 1883, dann jedoch bewußt mit einer neuen psychischen Dimension für vereinheitlichendes Gruppenbewußtsein bzw. beherrschende Außenwirkung bei der SS.

    Kleider machen Leute, auch Uniformen, so hat es der Hauptmann von Köpenick in seinem Spiegelbild mehr als verdeutlicht. Insoweit ist die Uniform sehr vielschichtig und widersprüchlich - als Sammlerstück aber faszinierend. Diese unterschiedlichen Wirkungen haben ihre Ursachen. Es ist deshalb wesentlich, für die Aufgabenstellung einer Polizei und ihrer Uniformträger die jeweiligen Bedingungen des Staates und den Zweck seiner jeweiligen Polizei zu hinterleuchten

    .II.

    Warum war oder wurde eine Uniform mit diesen unterschiedlichen Wirkungen überhaupt erforderlich?

    Gegen Ende des 17. Jahrhundert verstand man unter der Uniform die Kleidung des Heeres, da ausschließlich dort eine Einheitlichkeit bestand. Für die allgemeine Kleidung wurde dieser Begriff nicht verwendet, obwohl vermutet werden kann, daß durch die Einflüsse der Modemacher schon immer der individuelle Charakter mindestens eingeschränkt worden ist. Die Uniform blieb dennoch bis heute die klassische Abgrenzung zum bürgerlichen Kleid - dem „Zivil”. 

    Im militärischen (Ursprungs-)Bereich sollte sie Rang und Gewalt demonstrieren und gleichzeitig den freien, individuellen Willen des Uniformträgers einschränken, also das geschlossene, einheitliche Vorgehen und Wirken fördern. Andererseits sollte ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu einer Gruppe erzeugt werden, die Ehre, Mut, Tapferkeit, Vaterlandsliebe und andere Tugenden schätzt.

    Nachweislich diente die Uniform und insbesondere ihre Ausgestaltung der Repräsentation zu Ehren der Fürsten und der Betonung ihrer Macht(-stellung). Nicht selten sollten Größe und Stärke, aber auch Reichtum und vermeintliche Bedeutung vorgetäuscht werden. Manche Uniformen dienten damit innerhalb einer nüchternen Bewertung dem staatlichen bzw. fürstlichen Imponiergehabe. Insoweit ist es zu erklären, daß gerade kleine und damit verhältnismäßig unbedeutende Staaten eine übersteigerte Farbenpracht und Verzierung in die Uniformgestaltung eingebracht haben. Häufig ist festzustellen, daß die Uniformen eine derart herausgehobene Bedeutung hatten, daß sich Regenten persönlich um die Entwürfe kümmerten, so Friedrich Wilhelm II. im Königreich Preußen.

    Im Felde sollte die militärische Uniform dazu dienen, Freund und Feind zu unterscheiden. Die Farbgebung hatte sich somit vornehmlich nach taktischen Belangen zu richten. Wenn noch zunächst grelle Farben helfen sollten, den Feind zu erschrecken und sich selbst im Pulverdampf zu orientieren, führte die Verbesserung der Waffentechnik (insbesondere das rauchlose Schießpulver) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu der Erkenntnis, daß gut erkennbare Ziele zu hohen Verlusten führen. Es begann die Zeit der Tarnung mit dem Erdkhaki, dem Grün der Jäger, dem Weiß für den Einsatz im Winter und ab 1910 mit dem einheitlichen Feldgrau.

    Die Uniform wurde fortan immer mehr funktionsbezogen und damit unscheinbar. Als Ausgleich bestanden Parade- und Gala-Einheiten mit besonderen Uniformen, um zumindest in Friedenszeiten oder in der Residenz die alten Wirkungen herrufen zu können.

    Die frühe Farbgebung hatte aber auch die jeweiligen Herrschafts- bzw. Landesfarben berücksichtigt oder sie war durch symbolische Grundlagen beeinflußt worden:

    • BLAU war die Farbe des Himmels, es wurde eine göttliche, neutrale oder auch unendliche und unvergängliche Wirkung vermutet.
       
    • SCHWARZ war die Farbe der Starken, der Gefahr oder der Nacht, aber auch des Bösen und Schrecklichen oder Gewalttätigen. und Rechtlosen. Da man sich damit versprach, böse Geister und auch Gegner vertreiben zu können, sollte dem Träger dieser Farbe eine „gefährliche” Wirkung verliehen werden. Aus diesem Grunde war dies die Farbe der Spezial- oder Elitetruppen.
       
    • WEISS stellte das Zeichen der Neutralität dar und wurde überwiegend für Gala und Parade verwendet.
       
    • ROT stand für Mut, Blut und Tapferkeit. In dieser Farbe waren Garde- und Leibregimenter insbesondere von weiblichen Regenten anzutreffen. Gleichermaßen sollte diese Farbe aber auch den Gegner reizen, um ein unüberlegtes Handeln zu erreichen. Denn damals wurde auf breiter Front in Reihen hintereinander  angetreten - in der sogenannten Dreier-Linie - und dadurch ein geschlossenes Farbbild vermittelt.

    Es bestanden aber auch Einflüsse der Ökonomie. In diesem Sinne richtete sich die Wahl des Stoffes nach dem Grad der Haltbarkeit und besonders nach der Möglichkeit zum Färben. BLAU war relativ leicht zu färben. Wohl auch deshalb wird es die Hauptfarbe unter den Uniformen gewesen sein. In Brandenburg-Preußen erscheint die gesamte Infanterie ab 1691 auf Weisung des Kurfürsten fortan in Blau.